Ein Patient ist kollabiert, er atmet nicht mehr. Sekunden entscheiden jetzt. Ein interprofessionelles Team – Pflegekräfte, eine Ärztin, ein Medizinstudent – eilt herbei. Ohne zu zögern, prüft eine Pflegekraft die Lebenszeichen des Patienten. „Keine Atmung, kein Kreislauf“, ruft sie. Ein Kollege beginnt sofort mit der Herzdruckmassage. Währenddessen bereitet die Ärztin die Beatmung vor, gibt Anweisungen, koordiniert das Geschehen. Jeder Handgriff sitzt. Jeder weiß, was zu tun ist. Die Kommunikation ist klar, die Abläufe greifen ineinander wie Zahnräder. Das eingespielte Team ist konzentriert, ruhig und entschlossen bei seiner Arbeit.
Im beschriebenen Fall ist zum Glück niemand in Lebensgefahr. Denn der vermeintliche Patient ist „Atlas“, eine hochmoderne Übungspuppe, die das Siloah St. Trudpert Klinikum angeschafft hat. Die Situation spielt sich in einem Simulationsraum des Siloah St. Trudpert Klinikums ab. Hier werden Notfälle unter realitätsnahen Bedingungen trainiert, gezielt, geplant und mit echtem Stresspegel. Die Teams erleben, was sonst nur unter Extrembedingungen geschieht. Und sie können daran wachsen, ohne Risiko für echte Menschenleben. „Solche Übungen fühlen sich sehr real an – der Druck, die Verantwortung, das Adrenalin“, erzählt Jürgen Köhler, Leiter der Intensivstation B und Koordinator der Reanimationstrainings. „Man vergisst schnell, dass es nur eine Puppe ist. Aber genau das macht das Training so wertvoll.“
Ein geschützter Raum für den Ernstfall
„Man kann Notfälle nicht üben, wenn sie passieren. Aber man kann sich darauf vorbereiten“, sagt Köhler. „Mit Atlas schaffen wir eine Umgebung, in der Fehler erlaubt und gewollt sind, damit sie im echten Einsatz nicht passieren.“ In den Simulationstrainings wird nichts dem Zufall überlassen. Die Übungspuppe lässt sich beatmen, reanimieren und mit realen medizinischen Maßnahmen versorgen. Ein angeschlossenes System simuliert typische Monitore aus der Klinik, etwa zur Überwachung von Herzschlag, Blutdruck oder Sauerstoffsättigung. Das Besondere: Die Puppe reagiert auf das Handeln des Teams. Maßnahmen wirken sich sichtbar aus oder manchmal auch nicht.
„Ich sehe sofort, ob ich es richtig mache“
Für Teilnehmerinnen wie Virginia Bihlmeyer, Gesundheits- und Krankenpflegerin in der Zentralen Notaufnahme, ist das ein echter Lerneffekt: „Ich sehe direkt, ob ich genug Druck mache oder ob die Beatmung ankommt. Und das gibt mir Sicherheit.“ Neben technischen Fertigkeiten trainiert das Team auch Kommunikation: Wer übernimmt die Leitung? Wer gibt klare Anweisungen? Wie wird unter Zeitdruck zusammengearbeitet? Die Übungen sind so angelegt, dass sowohl Berufsanfänger als auch erfahrene Fachkräfte davon profitieren. Ein weiterer Vorteil: Atlas braucht keine aufwendige Technik oder spezielle Räume. Das gesamte System ist mobil, kabellos und intuitiv zu bedienen. „Wir können überall im Haus trainieren, sogar direkt auf der Station oder im Rettungswagen“, sagt Köhler. „Damit bringen wir das Training dorthin, wo es später auch ernst wird.“