Eine stationäre Psychotherapie ist bei akuten oder chronischen psychischen Erkrankungen oft der erste Schritt der Genesung.
Konsil- und Liaisondienst
„Das ist der größte Fehler bei der Behandlung von Krankheiten, dass es Ärzte für den Körper und Ärzte für die Seele gibt, wo beides doch nicht getrennt werden kann.“ Platon (427 – 347 v. Chr.)
20-30 % aller Patientinnen und Patienten* im Krankenhaus leiden unter behandlungsbedürftigen psychischen und psychosomatischen Störungen und Problemen. Bereits 2003 wurde ein psychosomatischer Konsil- und Liaisondienst für alle Kliniken im Siloah St. Trudpert Klinikum eingeführt und ist seitdem stetig gewachsen. Dieser Dienst besteht aus erfahrenen FachärztInnen und approbierten PsychologInnen. Er steht allen Patienten zur Verfügung, bei denen Bedarf für eine psychosomatische Diagnostik oder Begleitung besteht:
- Bei psychischer Belastung im Zusammenhang mit schweren körperlichen Erkrankungen wie Herz-Kreislauferkrankungen, Karzinomerkrankungen, Gefäßerkrankungen, Lungenerkrankungen (z.B. COPD), Stoffwechselerkrankungen (z.B. Diabetes mellitus).
- Bei psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen, die unabhängig von oder in Verbindung mit somatischen Erkrankungen auftreten wie Angststörungen, Depressionen, chronische Schmerzstörungen, Anpassungsstörungen, Essstörungen und Suchterkrankungen.
- Bei unklaren Körperbeschwerden ohne hinreichenden somatischen Befund mit der Frage nach einer psychogenen (Teil-)Ursache, z.B. somatoforme Störungen.
- Nach Unfällen oder Traumaerfahrungen.
- Bei Schwierigkeiten in der Schwangerschaft (Schwangerschaftserbrechen, Komplikationen).
Schwerpunkte: Psychoonkologie, Diabetikerschulung, Gerontotraumatologie, Psychokardiologie
* im folgenden Text wird der Lesbarkeit halber nur die männliche Form verwendet
Worum geht es bei einem psychosomatischen Konsil?
Mit unseren Gesprächen stellen wir einen Raum zur Verfügung, in dem sich der Patient ausführlich mitteilen kann. „Was kann dem Patienten in seiner jetzigen Situation helfen?“ ist eine der zentralen Fragen, die uns beschäftigen. Dabei kann es gehen um:
- Entlastung
- Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung und Symptombewältigung
- Diagnostik von psychosomatischen Störungen
- Erarbeiten eines psychosomatischen Krankheitsverständnisses
- Linderung von Schmerzen (medikamentös, Entspannungstherapie)
- Medikamentöse Behandlung z.B. von Ängsten, Depressionen, Schlafstörungen
- Überlegungen zu weiterführenden Therapien nach Entlassung
- Ggf. Planung einer stationären Behandlung in der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
- Bei Suchterkrankungen: Motivation zur suchtspezifischen Behandlung
- Bei psychiatrischen Erkrankungen: ggf. Verlegung zur weiteren Behandlung in eine Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Bei Bedarf finden mehrere Konsile statt, bei wiederholten Klinikaufenthalten ist die psychotherapeutische Begleitung über einen längeren Zeitraum möglich.
Wie wird ein psychosomatisches Konsil durchgeführt?
Der Konsilauftrag wird von den behandelnden Ärzten erstellt. Vor dem Erstkontakt mit dem Patienten informieren wir uns über den bisherigen Krankheitsverlauf und die Fragestellung (Akteneinsicht, persönliches Gespräch mit dem behandelnden Arzt und/oder den Pflegekräften).
Das Gespräch findet wenn möglich in einer ruhigen, ungestörten Atmosphäre statt, wenn es der Zustand des Patienten nicht erlaubt, auch am Krankenbett. Angehörige werden einbezogen, sofern es sinnvoll erscheint und Patient und Angehörige es wünschen.
Nach jedem Konsil erhält der zuweisende Arzt einen kurzen Bericht; bei Bedarf erfolgen mündliche Rücksprachen mit Ärzten u/o Pflegekräften, teils auch mit anderen Berufsgruppen (Physiotherapeuten, Sozialberatung, Klinikseelsorge).
Was bedeutet "Liaisondienst"?
In diesem Fall sind Ärztinnen und Psychologinnen der Liaisonpsychosomatik regelmäßig auf einer Station anwesend. Sie nehmen an Teambesprechungen teil, bieten Fallbesprechungen an und sind in die Fortbildung der Ärzte und des Pflegepersonals eingebunden. Etabliert ist die Liaisonpsychosomatik in der Behandlung von Palliativpatienten, in der Gerontotraumatologie und Diabetesschulung, andere Bereiche sind im Aufbau begriffen.
Schwerpunkte
Psychoonkologie
Die Psychoonkologie befasst sich mit den psychosozialen Aspekten von Krebserkrankungen in Prävention, Diagnostik, Therapie sowie Rehabilitation und ist integraler Bestandteil der Krebstherapie/Onkologie
Definition der Arbeitsgruppe Psychosoziale Onkologie
Die psychosoziale Betreuung stationärer Patientinnen und Patienten hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Gemeinsam mit der Seelsorge und dem Team der Sozialberatung steht unser Team „Psychoonkologie“ für eine möglichst umfassende psychosoziale Betreuung von Tumorpatientinnen und -patienten in allen Kliniken des Siloah St. Trudpert Klinikums.
Menschen, die nach der Entlassung weitere Unterstützung benötigen, können sich an die psychosoziale Krebsberatungsstelle in Pforzheim wenden, mit der ebenfalls eine gute Zusammenarbeit etabliert wurde.
Unser Beratungs- und Therapieangebot für stationäre Patientinnen und Patienten des Siloah St. Trudpert Klinikums umfasst:
- Psychoonkologische Erstgespräche
- Diagnostik
- Liegen psychische Symptome oder Störungen vor?
- Wie ist die Krankheitsverarbeitung?
- Erhält der Patient ausreichend soziale Unterstützung?
- Auf welche Ressourcen kann der Patient zurückgreifen?
- Information und Beratung
- Einzeltherapie
- Paar- und Familiengespräche
- Entspannung, imaginative Verfahren
Ziele der Beratung/Therapie sind:
- Emotionale Unterstützung und Stabilisierung
- Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung
- Verbesserung der Symptombewältigung
- Stärkung des Selbsthilfepotenzials
- Aktivierung persönlicher Ressourcen
- Ermutigung zum offenen Aussprechen belastender Gefühle
- Reduktion von Angst, Depression und Hilflosigkeit
Diabetikerschulung
Im Rahmen der Diabetikerschulung der Klinik für Innere Medizin 1 wird in Zusammenarbeit mit dem Diabetes-Team das Modul „Diabetesmanagement im Alltag“ angeboten. Die Gruppengröße beträgt zwischen fünf und acht Patienten; Patientenangehörige sind ebenfalls willkommen. Für das Modul ist eine Zeitdauer von 2 Stunden, inklusive einer Pause von 15 Minuten vorgesehen.
Folgende Themen und Ziele sind uns wichtig:
- Ernst nehmen und akzeptieren der Erkrankung
- Sie ins eigene Leben integrieren
- Ängste und Hoffnungen thematisieren
- Behandlungsmotivation stärken
- Kenntnisse über die Erkrankung und Behandlung vermitteln
- Patientenautonomie stärken – was kann der Betroffene selbst dazu tun, damit der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst wird?
- Bedeutung der Ernährung für die Diabetesbehandlung; Motivation für eine gesunde Ernährung
- Auswirkungen des Diabetes auf den Beruf (Schwierigkeiten, Chancen)
- Was kann das Umfeld zur Unterstützung tun?
- Erkennen von Risikofaktoren und Folgeerkrankungen, deren Vorbeugung und Behandlung
- Bedeutung der körperlichen Bewegung für die Blutzuckereinstellung; Motivation zu regelmäßigem moderatem Ausdauertraining
Psychokardiologie
Patientinnen und Patienten, die in der Medizinischen Klinik 2 (Kardiologie) stationär behandelt werden, werden bei Bedarf psychokardiologisch mitbetreut. Besonders etabliert ist die „Herzschule“, die der ganzheitlichen Behandlung von Patienten nach einem Herzinfarkt dient: sie umfasst ein psychosomatisches Einzelgespräch, Sozialberatung und Ernährungsberatung. Angehörige werden gerne mit einbezogen.
Bei unseren Gesprächen stehen folgende Themen im Vordergrund:
- Wie ist das seelische Befinden, wie wird die Erkrankung verkraftet?
- Wie ist die Krankheitsverarbeitung?
- Gibt es Risikofaktoren oder Risikoverhalten?
- Welche Schutzfaktoren sind bereits vorhanden?
- Welche persönlichen Ressourcen gibt es?
- Wie ist die soziale Unterstützung?
- Welche Empfehlungen ergeben sich aus Allem?
Geriatrie
Patientinnen und Patienten, die auf der geriatrischen Station behandelt werden, befinden sich häufig in einer psychosozial belastenden Situation. Hier kann eine psychosomatische Mitbetreuung indiziert sein. Es finden Fallbesprechungen im Rahmen eines multimodalen Behandlungssettings statt.
Bei der psychosomatischen Betreuung stehen u.a. folgende Punkte im Fokus:
Exploration des psychischen Befindens
- Wird eine Traurigkeit oder belastende Grübelgedanken beschrieben?
- Ist eine quälende Zukunftsangst vorhanden?
- Besteht eine Angst vor zum Beispiel einem erneuten Sturz oder vor Schmerzen bei Bewegung?
Ressourcenorientierung
- Besteht ein unterstützendes soziales Netz?
- Welche Strategien werden bereits genutzt, um die Situation zu bewältigen?
Unterstützung bei der Anwendung und Einübung neuer Bewältigungsstrategien
- Für einen besseren Umgang mit einem Schmerzerleben
- Für eine Verbesserung der Schlafhygiene
- Für eine Stimmungsverbesserung
Überprüfung einer (weiteren) psychiatrischen/ psychotherapeutischen Behandlungsbedürftigkeit
Einbezug der Angehörigen bei Bedarf
Ansprechpartner
Dr. med. Elisabeth Sutter
Oberärztin, Psychoonkologin
Dr. med. Dorothea Nauerth
Fachärztin, Psychoonkologin
Andrea Staib
Dipl.-Soz.-Päd., Psychoonkologin